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Schließung, Freigabe nur für Radverkehr oder Neubau: Was geschieht mit dem Geschwister-Scholl-Tunnel?

Mindestens 30 Millionen Euro: So viel müsste in den Neubau des Tunnels investiert werden, wenn dieser nach dem Bahnausbau vom motorisierten Verkehr genutzt werden soll. Der Neubau müsste breiter und tiefer, die Zufahrt länger werden. Schon heute entspricht der Tunnel nicht gültigen Vorgaben. Über die Tunnel-Zukunft diskutiert der Stadtumbau-Ausschuss am 11.07.2024.

Umbau im Bestand ist keine Option, Neubau mit Nachteilen

Zu schmal, zu niedrig und unübersichtlich dazu: So lässt sich die Bestandsaufnahme des Geschwister-Scholl-Tunnels zusammenfassen. Mit dem Ausbau der Bahnstrecke und des Bahnhofs Elmshorn wird auch der Tunnel angepasst werden müssen. Welche Möglichkeiten bestehen, hat das Ingenieurbüro Schüssler Plan jüngst auf den Prüfstand gestellt. Das Ergebnis: Ein Umbau des im Ursprung bereits 1887 errichteten Bauwerks, das 2030 seine Restlebenszeit erreicht haben wird, scheidet aus. Wird an der Querung festgehalten, kommt nur ein Neubau in Frage, den die Ingenieure in vier Varianten geprüft haben. „Alle Varianten bergen erhebliche Nachteile“, erläutert Oberbürgermeister Volker Hatje, „wir müssen offen darüber diskutieren, ob angesichts der Südverlegung des Bahnhofs und des Umbaus der Berliner Straße ein kostspieliges Festhalten an diesem Tunnel wirklich sinnvoll ist.“

Zwei Möglichkeiten: Nur Radverkehr oder Schließung des Tunnels

Auf dem Tisch liegen sowohl die ausschließliche Tunnel-Freigabe für Radfahrende als auch die Aufgabe des Bauwerks. „Der Hol- und Bringverkehr wird sich zum neuen Bahnhof an der Berliner Straße verlagern“, erläutert Jule Gehring, die als Sachgebietsleitung des Teams Bahnprojekte die Planungen betreut. „Damit würden ohnehin signifikant weniger Fahrzeuge den Tunnel nutzen“, so Gehring. Zudem entstehe mit dem neuen ZOB auch eine neue Linienführung des Stadtbusverkehrs, die nicht mehr durch den Tunnel führe. Dennoch müsse ein Neubau normgerecht erfolgen, „das bringt hohe Kosten und dramatische Auswirkungen auf das gesamte Umfeld mit sich, was womöglich in keinem Verhältnis zum erwarteten Nutzen steht“, zieht Hatje Bilanz.

Vier Neubauvarianten geprüft

Vier Neubauvarianten wurden im Auftrag der Stadt Elmshorn geprüft. Sie alle eint: Der Tunnel muss von heute 5,90 Meter auf 8 Meter verbreitert werden. Um die vorgegebene Mindesthöhe von 4,50 Metern zu erreichen, müsste der heute nur 3,05 Meter hohe Tunnel tiefergelegt werden. Die untersuchten Varianten unterscheiden sich in ihrer technischen Ausführung, in Straßenführung und Schleppkurven. „Sie alle sind jedoch ausgesprochen kompliziert in ihrer Umsetzung“, betont Gehring.

Selbst bei der Variante mit den geringsten Auswirkungen auf das Umfeld wären diese Maßnahmen unausweichlich:

  • Abriss der Radstation
  • Abriss der Fußgängerbrücke zum Steindammpark
  • Umverlegung zahlreicher Leitungen
  • Umverlegung eines Teilstücks des Entwässerungskanals „Horster Graben“
  • Durch den entstehenden Höhenversatz Aufhebung dreier Grundstückszufahrten an der Geschwister-Scholl-Straße

„Die unmittelbar benachbarte und als FFH-Schutzgebiet ausgewiesene Krückau stellt darüber hinaus hohe Anforderungen an den Umwelt- und Hochwasserschutz“, erläutert Gehring. Auch sei von Altlasten im Boden auszugehen. „Mit diesen Rahmenbedingungen ist eine erste, vorsichtige Schätzung von mindestens 30 Millionen Euro für den Neubau noch optimistisch – und eine herbe Belastung für die Stadt Elmshorn“, bilanziert Hatje.

Freigabe nur für Radverkehr als Chance

Das Team Bahnprojekte plädiert daher für eine andere Lösung: Denkbar sei, den Tunnel ausschließlich für den Radverkehr freizugeben. „Damit können die Bestandsmaße erhalten bleiben, was einerseits keine gravierenden Umbauten im Umfeld erfordert, andererseits die Bahn zu einer vollen Kostenübernahme verpflichtet“, sagt Gehring, „zugleich würde dies ein starkes Signal für die beschlossenen Rahmenplanziele und die Klimaneutralität der Stadt Elmshorn aussenden“. Diese Lösung würde sinkende CO2- und Lärmemissionen im Umfeld mit sich bringen und die Aufenthaltsqualität erheblich steigern. „Der Verkehr würde auf ein Minimum reduziert. Davon profitieren Anwohnende auf beiden Seiten des Bahnhofs, wobei besonders die Wohnqualität auf der Ostseite des Bahnhofs steigen dürfte“, erläutert Hatje.

Im Umfeld entstehen neue Chancen

Erste Gespräche mit den Gastronomen auf der Westseite des Bahnhofes hätten zudem offenbart, dass mehr Außengastronomie hier eine mögliche Option darstellt. Auch die Komplettaufgabe des Tunnels wurde geprüft. Da künftige Instandhaltungskosten damit entfallen, sei dies für die Bahn eine durchaus attraktive Lösung, stellt Gehring fest. Die Stadtverwaltung kommt zu einer anderen Bewertung: „Wir haben uns auf Klimaneutralität und eine Stärkung des Radverkehrs geeinigt. Daher kommt eine Schließung des Tunnels für uns nur in Frage, wenn der benachbarte Tunnel zwischen Königstraße und Mühlenstraße so ausgebaut wird, dass Fahrradfahrende ihn ohne Konflikte mit zu Fuß Gehenden nutzen können“, so Hatje.

02.07.2024